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Die beiden folgenden Beispiele aus unserer BWP-Beratungs-Praxis haben wir für unsere aktuelles Buch „Spielstrategien im Business: Regeln des Wettbewerbs verändern“ (Campus 2008) ausformuliert. Sie illustrieren, was es bedeutet, in schwierigen Wettbewerbsumfeldern durch strategische Kreativität eine Verhaltensänderung bei seinen Zielgruppen zu bewirken und damit Weichen für nachhaltiges Wachstum zu stellen.

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BWP Fallstudien aus der Praxis

Das Diabetes-Medi- kament „Lantus“ oder:  Die

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Vor ein paar Jahren nahm der Pharmakonzern: Sanofi-Aventis Kontakt zu uns auf. Für ein Insulinprodukt namens Lantus wurde eine neue nachhaltige Wachstumsstrategie gesucht. Das Marketing-Team hatte ein üppiges Marktpotenzial ins Visier genommen, das bislang vielen Branchen-Insidern als „unerschließbar“ erschien. BWP wurde um Unterstützung gebeten, um dieses Potenzial zu erschließen.

 

Die Tücken der „Insulin-Barriere“

Im Diabetiker-Markt1 unterscheidet man „Tabletten-Patienten“ im Frühstadium der Erkrankung und fortgeschrittenen „Insulin-Patienten“, die sich ihr Medikament täglich selbst spritzen müssen. Die Branche spricht von einer natürlichen „Diabetiker-Karriere“: erst eine Tablette, dann zwei, dann drei... und irgendwann steht der große und unwiderrufliche „Lagerwechsel“ bevor: Der typische Patient muss also nach einigen Jahren irgendwann unwiderruflich aus dem „Tabletten-Lager“ in das „Insulin-Lager“ wechseln. Und hier liegt das Problem: Die Tabletten-Patienten empfinden einen massiven emotionalen Widerstand, in das mit negativen Emotionen besetzte Insulin-Lager zu wechseln, selbst wenn es aus medizinischer Sicht dringend angeraten ist. Den Insulin-Herstellern bereitet diese sogenannte „Insulin-Barriere“ nachhaltiges Kopfzerbrechen. Die Patienten verhielten sich so, als befände sich jenseits dieser Barriere ein Gefängnis, aus dem es kein Zurück mehr gibt. Lebenslänglich im Straflager der „Insuline“ - so mögen es die Patienten, überspitzt gesagt, empfinden.

Im Visier: ein großes, aber „unmögliches“ Marktpotenzial

Für Insulin-Hersteller für Aventis ein überaus interessantes Markt- und Wachstumspotenzial: Eine Million Tabletten-Patienten sind allein in Deutschland nicht ausreichend therapiert, müssten eigentlich längst Insuline spritzen – und zwar auf Lebenszeit. Aus medizinischer Sicht war jeder Versuch, unzureichend therapierte Tabletten-Patienten auf Insulin umzustellen, nicht nur legitim, sondern dringend angezeigt, weil ernsthafte Spätfolgen drohten, darunter Dialyse, Erblindung und Amputation.

Jetzt die strategische Herausforderung: Wie kann es gelingen, diese eine Million unterversorgter Patienten ins medizinisch „richtige“ Insulin-Lager zu begleiten? Wie hilft ihnen über die massive unsichtbare Barriere? Und schließlich: Wie können wir für das Insulin-Präparat Lantus eine großen Teil des „unmöglichen“ Potenzials erschließen?

Was macht die „Insulin-Barriere“ unüberwindbar?

Versuchen wir, zunächst einmal diese Insulin-Barriere genauer zu verstehen. Dahinter steckt nämlich viel mehr als die Angst des Patienten, sich selbst Spritzen setzen zu müssen. Mit modernen „Pens“ ist das Spritzen für die Patienten weder schmerzhaft noch kompliziert oder aufwändig. Was der Patient tatsächlich fürchtet, ist eine radikale Lebensumstellung – und zwar auf Lebenszeit. Er erlebt den Wechsel aus dem Tablettenlager in das Insulin-Lager wie eine unwiderrufliche Statusveränderung, eine endgültige Veränderung in seinem Selbstverständnis. Der typische Tablettenpatient denkt etwa so: „Wenn ich einmal da drüben bin, im Lager der Insuline, wird sich mein Leben radikal und für immer verändern. Ich werde bis zu viermal täglich Insulin spritzen. Ich werde die Spritzen auf meine Mahlzeiten abstimmen müssen, muss jede Mahlzeit auf die halbe Stunde genau takten, muss sogar die Mengen, die ich konsumiere, genau vorherplanen. Ich muss täglich Blutzucker messen und Broteinhalten zählen. In gewisser Weise muss ich meine Tagesplanung in Zukunft meiner Krankheit und ihrer Therapie unterwerfen. Von dem Tag an, wo ich mit dem Insulin-Spritzen beginne, hänge ich bis an mein Lebensende an der Nadel.“

Jeder kennt den Respekt vor großen Statusveränderungen im Leben, sogar wenn sie positiv besetzt sind: Denken Sie an die berühmte letzte Junggesellen-Nacht vor der Hochzeit. Oder denken Sie an nervös kettenrauchende Männer vor dem Kreißsaal, die kurz davor stehen, vom Nur-Ehemann zum „Vater“ zu werden und damit eine Statusveränderung für immer erwarten. Sogar bei solchen positiven Lebensveränderungen ist ein „Statuswandel für immer“ mit Angst besetzt. Im Diabetesmarkt geht es aber um einen als emotional negativ erlebten Statuswandel: nämlich hin zum „Insulin-Patienten“, der für immer an der Nadel hängt.

Die naheliegende Lösung erweist sich als Holzweg

Nicht nur Sanofi-Aventis, sondern die ganze Branche der Insulin-Hersteller suchte nach einer Lösung: Wie überbrücken wir die Barriere? Wie gelingt es uns, unzureichend therapierte Tabletten-Patienten zum Insulin zu konvertieren?

Im Markt hat sich offenbar ein ganz einfaches Modell herausgebildet, an dem insbesondere auch die Pharma-Manager ihr Denken orientieren: Da gibt es die beiden Lager – nämlich Tabletten und Insuline – und dazwischen steht diese emotionale Insulin-Barriere, die es zu überwinden gilt. Das kennzeichnet die Strukturen der Marktlandschaft, die man sich mühelos als Teil der festen Rahmenbedingungen vorstellen kann.

Mit dem Zwei-Lager-Modell vom Markt im Kopf ergibt sich eine – scheinbar! – nahe liegende Lösung, auf die natürlich auch die Manager der Pharma-Industrie schon gekommen waren. Sie besteht darin, eine neue Übergangs-Therapie zu gründen: genauer gesagt eine Insulin-Einstiegs-Therapie. – Das klingt logisch: Wenn die „harte“ Umstellung auf Insulin nicht funktioniert, muss man den Patienten mit einer Einstiegs-Therapie eine Brücke bauen, muss sie langsam an das Insulin heranführen. Merkwürdig ist nur: Obwohl sich eine solche Insulin-Einstiegstherapie als die richtige Lösung geradezu aufdrängt, war bislang jeder Versuch in diese Richtung bislang immer gescheitert.
Wo liegt denn hier der Denkfehler?

Ein strategischer Kunstgriff

Gemeinsam mit dem Lantus-Team entwickeln wir den folgenden Gedanken:
Eine Übergangs-Therapie ist prinzipiell eine gute Idee. Aber warum muss es sich unbedingt um eine Insulin-„Einstiegs“-Therapie handeln, die ja logischerweise jenseits (!) von der Barriere angesiedelt ist, also im negativ besetzten Lager? – Könnte man eine Übergangstherapie nicht auch eine Endausbaustufe der Tabletten-Therapie ausgestalten – und zwar diesseits (!) der Barriere, also noch immer im positiv besetzten Tabletten-Lager?

Natürlich, die Idee klingt kühn und provokativ: Eine Endausbaustufe der Tabletten-Therapie, bei der trotzdem schon die erste tägliche Insulin-Spritze enthalten ist? – Spontan mag man über diesen Gedanken stolpern, mag ihn als widersprüchlich empfinden. Bei näherer Betrachtung wird jedoch klarer: Nicht die Spritze an sich macht den Lagerwechsel aus, sondern die damit verbundene Lebensumstellung. Entfällt letztere, dann kann der Patient auch gedanklich und emotional im positiv besetzten Tabletten-Lager verweilen.

Für die Umsetzung unserer neuen Therapieklasse gibt es also eine eiserne Maxime: Wir müssen die Endausbaustufe der Tabletten-Therapie so ausgestalten, dass keine Lebensumstellung erforderlich ist! – Hier hilft uns das Produkt mit seinem unkomplizierten, gleichmäßigen und lang andauernden Wirkprofil. In der neuen Ausbaustufe der Tabletten-Therapie bleibt (fast) alles wie es ist: Keine minutiösen Planung der Mahlzeiten. Generell keine auf die Mahlzeiten abgestimmten Injektionen, sondern nur eine, die für den ganzen Tag reicht. Die neue Therapieklasse muss so ausgestaltet werden, dass der Patient seinen Status und sein Selbstverständnis („Ich bin immer noch ein Tabletten-Patient!“) behalten darf. Der Diabetiker im Frühstadium bekommt erst eine Tablette, dann zwei, dann drei... und von dort ist es nur ein kleiner Schritt zu einer ausgebauten Tabletten-Therapie, bei der eine einzelne tägliche Spritze dabei ist. Der Patient bleibt im Lager der Tabletten, wechselt lediglich in ein neues Untersegment. Tabletten dominieren das Therapieschema – nach wie vor.

Das Trojanische Pferd: im Dienst der guten Sache

Einige Leser werden an dieser Stelle zweifelnd mit der Stirn runzeln und sich fragen: „Der Patient muss ja trotzdem spritzen, wenn auch nur einmal täglich. Wieso kann er dann trotzdem im Tabletten-Lager bleiben? Ist er damit nicht automatisch ein Insulin-Patient?“

Hier ist Vorsicht geboten, denn eine einzelne Spritze am Tag ist nicht gleichbedeutend mit einer Statusveränderung oder einem neuen Selbstverständnis. Eine einzelne Spritze am Tag erzwingt noch keinen „Lagerwechsel“. – Jemand, der einmal täglich Gemüse zu sich nimmt, wähnt sich deswegen noch lange nicht im „Lager“ der Vegetarier. Jemand, der einmal täglich ein Glas Wein trinkt, zählt sich deswegen nicht zum „Lager“ der Alkoholiker. Und ein Diabetiker, der sich hauptsächlich mit Tabletten therapiert und einmal täglich eine Spritze setzt, muss sich daher sich daher auch nicht als Mitglied im Lager der „Insulin-Patienten“ begreifen. Er bleibt „Mitglied“ im Lager der Tabletten-Patienten, weil er mit ihnen die Freiheit eines unbeschwerten Lebens teilt, die Insulin-Patienten eben in dieser Form nicht mehr genießen können.

Überspitzt könnte man formulieren: Wir haben ein Insulin-Produkt in das positiv besetzte Tabletten-Lager transferiert. Eingekleidet in eine Tabletten-Therapie verliert das Insulin seinen Schrecken. Daher vergleichen wir diese Strategie auch mit einem „Trojanische Pferd“. Ein strategischer Kunstgriff, legitimiert durch die Tatsache, dass der „Lagerwechsel“ einer medizinischen Notwendigkeit entsprang.

Markteinführung und Erfolg

Nachdem die neue Therapieklasse von und mit Experten ausgestaltet und abgesichert worden war, wurde sie als Basal unterstützte Orale Therapie“ im Markt eingeführt, kurz: B.-O.-T.

Schon der Begriff ist so gewählt, dass es sich um eine ORALE Therapie handelt, also um eine Tabletten-Therapie. Basal unterstützt bedeutet, dass die eine, harmlose, kleine Spritze von Basalinsulin, das nur 1x täglich verabreicht werden muss, lediglich eine unterstützende Funktion erfüllt.

Wie drückt sich der Erfolg der Strategie genau aus?

1) Hunderttausende (bisher schlecht eingestellter) Patienten haben ihre Einstellung zur Insulinspritze geändert und lassen sich auf die medizinisch indizierte Insulin-Therapie ein. Damit wurde ein Problem gelöst, mit dem die Branche jahrzehntelang gehadert hatte.

2) Lantus verdreifacht seinen Umsatz in Deutschland und wird weltweit das erste Insulin, das die 1 Milliarde Euro Umsatzgrenze durchbricht.

3) Lantus wird das erste Insulin, dem es in Deutschland gelingt, den Vertriebsweg der Allgemeinmediziner (45.000 Ärzte) zu erschließen. Zuvor war das Thema „Insulin“ auf die Spezialisten beschränkt, nämlich circa 1.200 Diabetologen.

4) Die neue Therapieform („B.O.T.“ genannt) wird von der Fachwelt offiziell anerkannt, wird sogar in medizinischen Lehrbüchern aufgeführt und von Universitäten gelehrt.

Das Beispiel illustriert, wie man auch ein „unerschließbares“ Marktpotenzial erobern kann, indem man Strategien aus einem tieferen Verständnis des Kundenverhaltens heraus entwickelt.

Weitere Fallstudien finden Sie in unserem aktuellen Buch „Spielstrategien im Business“

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1 genauer gesagt: Typ 2 Diabetiker, die noch etwas eigenes Insulin haben

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ZEISS Premium-Brillengläser oder: Überraschender Ausweg

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Es geht um Zeiss, das über 150 Jahre alte deutsche Traditionsunternehmen. Hier wurden schon um 1850 herum die ersten Mikroskope hergestellt, und noch heute entstehen hier Spezial-Mikroskope für die moderne Mikrochirurgie. Zeiss hat einst die leistungsfähigsten Teleskope entwickelt und rüstet heute sogar Mars-Expeditionen mit den Teleobjektiven aus. Zeiss hat schon immer Objektive für Filmkameras produziert und liefert heute seine besten Objektive nach Hollywood.

Ironischerweise konnte Zeiss ausgerechnet im bodenständigen und technologisch viel weniger komplexen Geschäft mit Brillengläsern nicht den gewünschten Erfolg verbuchen. Ganz ähnlich wie in vielen Märkten von heute zog die Preisspirale den Markt nach unten. Die Gewinner waren Billiganbieter, darunter Importe aus Asien mit Kampfpreisen und stetig wachsender Qualität. Auch nationale und internationale Markenhersteller setzten Premium-Anbieter wie Zeiss unter Druck.

Das Problem: Spitzenleistung wird im Markt nicht gewürdigt!

Das Zeiss Management lud uns ein, um gemeinsam nach Auswegen aus der schwierigen Marktsituation zu suchen. Wir erlebten, dass Zeiss als mittelständisches Unternehmen auf technologische Spitzenleistung getrimmt ist. Nicht nur, wenn es um Mikrochirurgie, Weltraum-Expeditionen oder Hollywood geht. – Auch bei Brillengläsern positioniert sich Zeiss als Premium-Anbieter.

Inspiriert von der hundertjährigen Erfahrung mit Augen und der Kunst des Sehens, entstehen in den Entwicklungs-Laboren von Zeiss Neuheiten für den Bereich Augenoptik, denen man den gewissen Science-fiction Touch von James Bond Filmen nur schwer absprechen kann. Typisches Beispiel: Die Zeiss-Ingenieure hatten beispielsweise einen Video-Tower entwickelt, mit dem Optiker das Auge des Kunden beim Sehen filmen und dabei exakt vermessen können. Das Sehen wird gleichermaßen in mathematische Algorithmen übersetzt. Dabei entstehen Messdaten, die der Optiker per Internet in die Zeiss-Produktion beamt, wo sie per Laserstrahl in das Brillenglas eingeschliffen werden können. Die exakte Vermessung wichtig ist, um optimale Sehbedingungen herzustellen. Beim Schleifen und Zentrieren von Brillengläsern geht es um Hundertstel Millimeter. Geringste Abweichungen erzeugen eine Extra-Anstrengung für das Auge. Mit seinem innovativen Tower zur Vermessung des Sehens genießt Zeiss eine absolute technologische Alleinstellung. Das Dilemma ist nur: Wer interessiert sich dafür? Das Optikergeschäft kreist primär um den Verkauf von schicken Brillenfassungen, faszinierenden Markenprodukten, mit denen der Kunde sich wohl fühlt und seine Persönlichkeit zum Ausdruck bringen kann. Wer kann sich schon in einem so emotionalen Moment gleichermaßen für die technischen Vorzüge von optimalen Brillengläsern begeistern?

Die Analyse

Während Zeiss sich auf höchstem technologischen Niveau mit der Vermessung des Sehens befasst, tickt der Markt auf einem sehr viel bescheideneren Niveau. Insbesondere die Kunden achten vor allem auf drei Kriterien bei der Kaufentscheidung: Brillengläser müssen vor allem (1) superentspiegelt (2) kratzfest und (3) superdünn (=superleicht) sein. Mehr nicht. Das sind die Leitkriterien, auf die Optiker programmiert sind – und von denen sich die überwältigende Mehrheit der Kunden leiten lässt.

Wir trafen uns mit dem Zeiss-Management und stellten das Problem in einen ungewohnten Kontext. Unsere Analyse klang etwa folgendermaßen:

„Das Spiel im Markt wird auf einem niedrigen Niveau gespielt. Die drei Auswahl-Kriterien der Kunden beziehen sich nämlich ‚nur’ auf Materialeigenschaften des Werkstoffs Glas. Es handelt sich um gering qualifizierte Qualitäts-Maßstäbe, weil man auch den Billiganbietern aus Fernost eine solide Glasveredelung zutraut. – Eure Stärke hingegen ist die exakte Vermessung des Sehens. Dafür herrscht im Spiel des Marktes überhaupt kein Bewusstsein. Weder bei den Optikern noch bei den Kunden. Alle Marktteilnehmer sind auf diese drei Glaskriterien eingeschworen. Und solange das Spiel auf so niedrigem Niveau gespielt wird, werdet Ihr Euch als Premium-Anbieter nicht im großen Stil gewinnen können.“

Wir schlussfolgern: Damit sich Zeiss als Premium-Anbieter von allen anderen Marktteilnehmern unterscheiden kann, müssen wir ein qualifiziertes (!) Premium-Kriterium etablieren.

Die neue Dimension des Sehens...

Ein eklatanter Widerspruch drängt sich auf: Bei Brillengläsern geht es eindeutig um die „Kunst des Sehens“. Der Markt dreht sich hingegen um profane Kriterien der Glasveredelung, die man den Billiganbietern ebenso zutraut wie Zeiss. Es gilt, „Qualität“ neu zu definieren. Ein Anknüpfungspunkt liegt darin, dass perfektes Sehen aus dem Wechselspiel zwischen dem fehlsichtigen Auge und dem korrigierenden Glas resultiert. Auge und Glas - das Lebendige und das Technische - müssen perfekt kooperieren, interagieren, harmonieren.

Auf dieser höheren Ebene muss das neue Premium-Kriterium definiert werden. Es muss mit der natürlichen, entspannten, gesunden Kunst des Sehens zu tun haben. Für das neue Kriterium bietet sich ein griffiges Schlagwort an: „RELAXED VISION“. Die neue Dimension des Sehens. Und zugleich das neue „Maß aller Dinge“ für Brillengläser der Spitzenklasse.

Das mit RELAXED VISION verbundene Versprechen trifft den (Seh)Nerv von Millionen Brillenträgern, die im wahrsten Sinne des Wortes unter alltäglichem „Sehstress“ leiden. Den ganzen Tag strengen sie ihre Augen an – vor dem Computer-Monitor, beim Fernsehen oder Autofahren. Das Auge muss heute künstliche Anforderungen bewältigen, für die es physiologisch gar nicht ausgerichtet ist. Abends sind die Augen müde und schmerzen.

Das neue Premium-Kriterium verspricht Abhilfe, die mit technischer Glasveredelung allein nicht zu leisten sind. Daher rückt jener Video-Tower plötzlich ins Rampenlicht eines Verkaufsgesprächs im Optikerladen. Der Kunde wird eingeladen, seinen Sehvorgang filmen und vermessen zu lassen! – Ein durchaus faszinierendes und emotionales Ereignis, verbunden mit dem Versprechen, den Sehstress zu bekämpfen und dem Auge das natürliche, entspannte Sehen zurück zu geben.

Das „Relaxed Vision“-Kriterium stellt also einen Abstand zum Massenmarkt her, verdrängt preisaggressive Anbieter mit ihren hochveredelten Gläsern in die zweite Liga. „Relaxed Vision“ birgt das Potenzial, sich aus dem Feld der Wettbewerber herauszulösen und sich auf einem höheren Niveau Freiräume für Wachstum und Wertschöpfung zu verschaffen.

Die Video-Tower sind das Ergebnis von über 100jähriger Zeiss-Erfahrung in der Kunst des Sehens – und können daher von preisaggressiven Massenmarkt-Anbietern nicht ohne weiteres kopiert werden.

Ausgestaltung und Umsetzung der Strategie

Relaxed Vision steht für einen Wertewandel: im Markt und natürlich im Unternehmen selbst. Das neue „Maß aller Dinge“ muss die Organisation durchdringen, muss sich im Bewusstsein der Mitarbeiter durchsetzen. Im Geschäftsbereich „Augenoptik“ werden neue Weichen gestellt: Das Produktsortiment und die Preisstruktur bedürfen einer Reorganisation. Es gibt mehrere Ausbaustufen von „Relaxed Vision“ in verschiedenen Preisklassen und für verschiedene Geldbeutel. Genauso wichtig ist aber die Produktinszenierung im Geschäft des Optikers. Der futuristische Videotower als eindrucksvolles Symbol für technologische Spitzenleistung. Das Vermessen des Sehens als für den Kunden emotional faszinierendes Erlebnis. Ein Optiker, der seine Kunden auf diesem Hightech-Niveau bedient, unterscheidet sich von seinen Wettbewerbern um die Ecke, die sich vor allem durch ihr umfassendes Sortiment modischer Brillenfassungen profilieren. Der „HighTech“-Optiker bindet seinen Kundenstamm. Auf diesem Kerngedanken basierte auch das neue Partnerschaftsprogramm: Die Zeiss-Partner unter den Optikern erhalten den „Relaxed Vision“-Tower zur kostenlosen Nutzung und machen Zeiss im Gegenzug zu ihrem Nummer 1-Lieferanten.

Das Fallbeispiel zeigt: Auch wenn der Kunde „preisorientiert“ kauft, kann es gelingen, eine Verhaltensänderung zu erreichen, indem man gezielt neue (plausible) Qualitäts-Maßstäbe etabliert.

Weitere Fallstudien finden Sie in unserem aktuellen Buch „Spielstrategien im Business“

 

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Einleitung
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Einleitung

Fallstudie 1:
Das Diabetes-Medikament „Lantus“
oder: die Eroberung eines „unmöglichen“ Marktpotenzials
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Fallstudie 2:
Zeiss Premium-Brillengläser
oder: Überraschender Ausweg aus
dem harten Preiswettbewerb


 

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